Das Schloss von Kylemore in der Connemara-Region
Das Schloss von Kylemore in der Connemara-Region
 Unser
Weg führte uns weiter nördlich in Richtung Westküste.
Hatten wir von Dublin nach Gort am gestrigen Tag noch flache satt
grüne Wiesen gehabt, so wechselte die Landschaft jetzt von
Heide- und Moorgebieten zu bergigen Regionen mit über 700 Meter
hohen Erhebungen, die zunächst noch einen leichten Grasbewuchs
zeigten und dann mehr und mehr in baumlose Gesteinsformationen überzugehen
schienen. Der permanente Regen und der starke Wind taten ein Übriges,
diese Landschaft so richtig wild und rau aussehen zu lassen.
Immer wieder sah man wunderschöne Häuser mit eingefassten
Steinportalen so mächtig, als würde der folgende Weg zu
einem fürstlichen Schloss führen. Simone hatte uns am
Tag zuvor erzählt, dass es in Irland, ähnlich wie in den
USA, eine immer fortschreitende Immobilienblase gegeben hatte, wodurch
die Immobilienpreise astronomisch hohe Summen erreichten. Die Finanzierung
solcher Objekte war in den Hochzeiten kein Problem, denn die Banken
finanzierten die Immobilien mit bis zu 120 Prozent.
Im Jahre 2008 kam die Ernüchterung, die Immobilienblase
zerplatzte; laut taz.de gibt es in Irland mehr als 2.800 Geisterstädte
mit mehr als 300.000 Häusern und Wohnungen, die von Bauherren
und Eigentümern nicht mehr bezahlt werden können und
unbewohnt sind. Auch wir sind in dieser Woche immer wieder an
wirklich schönen, man könnte auch sagen: bombastisch
toll gebauten Objekten, vorbeigefahren, die nicht bewohnt waren.
Und die Häuser die bewohnt waren, dort witzelte unsere Gruppe
im Bus: "Schau, wieder ein Objekt das mit 120 Prozent finanziert
ist".
Schade, ich mag solche Geschichten eigentlich nicht, wenigstens
nicht dann, wenn sich ein Land deswegen prostituieren muss um
aus der tiefen Rezession wieder herauszukommen und ich einer
der glotzenden Touristen bin, der die so sehr benötigte
Kohle in die Geldbörsen der strapazierten Bevölkerung
zu spülen hat.
Wir kamen vorbei an dem größten
Binnensee Irlands, sahen auch den Verlauf des längsten irischen
Flusses und kamen dann an die berühmte Kylemore
Abtei, dem
heutigen Ziel unserer Fahrt.
Würden
hier nicht tagtäglich die Touristen her geführt werden,
wäre in dieser Region tatsächlich der Hund verfroren.
Toll ist sie anzusehen, doch wohnen würde ich hier nicht
wollen. Das Schloss von Kylemore aus dem Jahre 1871 mit seiner
bewegenden Vergangenheit. Ein Mann namens Mitchell Henry hat dieses
Schloss in den Jahren 1867 bis 1871 für seine junge Frau
Margaret bauen lassen und den Einheimischen dadurch auch Arbeit
und Brot gegeben. Etwas abseits vom Schloss wurde ein großer
Garten von 3,4 Hektar Größe errichtet, in dem die holde
Gattin des Herrn Henry mit ihren Hofdamen flanieren konnte.
 Simone
hat uns die Geschichte des Schlosses erzählt, aber man kann
nicht alles behalten. 9 Kinder hatten die Henrys und doch scheint
sich die junge Frau dort nicht wohlgefühlt zu haben. Die
Gute ist drei Jahre nach Fertigstellung des Schlosses auf einer
Ägyptenreise in Ägypten gestorben. Ihr Mann hat sie
von Ägypten hier auf dieses Schloss zurückbringen lassen
und im Schloss-Mausoleum bestatten lassen. Zum Andenken an seine
Frau ließ er auf dem Anwesen dann noch eine Kirche erbauen.
1903 verkaufte er das Schloss an den Herzog von Manchester, der
es allerdings relativ früh erneut zum Verkauf stellte. Sogar
der englische König V. soll kurzzeitig Interesse bekundet
haben meinte aber, die Unterhaltung des Anwesens sei viel zu teuer.
Danach wurde das Anwesen an Benediktinerinnen verkauft und bis
in die Neuzeit als Mädchenpensionat genutzt. Heute möchte
niemand den teuren Bunker mehr haben. Simone erzählte, das
Anwesen würde von einer irischen Behörde verwaltet,
das auch andere denkmalgeschützte Objekte betreut.
Im Schloss und im 1,6 Kilometer entfernten Lustgarten scheint
die Zeit aus dem 19. Jahrhundert stehen geblieben zu sein. Lässt
man die Instandhaltungskosten außer Acht, dann hat man hier
einen schönen Erholungspark und erhält einen sehr guten
Eindruck, wie die damalige Aristokratie gelebt hat. Außer
schön auszusehen scheint das Schloss sowie der Garten weiter
keinen Zweck erfüllen zu müssen. Für irische Wochenend-Ausflügler
sicher ein lohnendes Ziel, für die Gärtner viel Arbeit
aber auch ein sicherer Job.
 Im
Schloss sind lediglich nur 4 Räume zur Besichtigung freigegeben.
Wie man sieht, sind sie komplett eingerichtet und wirken nicht
viel anders als alle anderen Räumlichkeiten früherer
Adeliger, die man so in denkmalgeschützten Gutsherrenhäuser
oder Schlösser sehen kann. Interessant: Unten bei den zu
besichtigenden Räumen befindet sich eine neuzeitliche Toilette.
Nicht wirklich stilecht.
 Der
Lust- oder Wandelgarten ist vom Schloss wie gesagt 1,6 Kilometer
entfernt. Eine gut ausgebaute Straße führt durch einen
schon sehr ausgewachsenen Garten, der ganz sicher noch aus dem
19. Jahrhundert stammt. Man sieht das an den dicken großen
Bäumen, aber vor allem an vielen verwilderten Rhododendronbüschen
und anderen (ursprünglich) exotischen Gewächsen. Wer
die alten Bäume genau betrachtet, kann dicke Mose auf den
alten Ästen erkennen oder auch andere Kuriositäten,
wie beispielsweise eine kleine Rhododendronpflanze, die sich auf
einem Baum verwachsen hat. Rhododendron gilt bei uns als empfindlicher
Gartenstrauch, in Irland wuchert Rhododendron allerdings wie Unkraut.
################
Die Strecke zwischen Lustgarten und Schloss kann man wandern
oder auch einen von zwei Shuttle-Bussen nutzen, die immerzu kostenlos
hin und her fahren. Auf der Hinfahrt hatten wir in diesem Shuttle
noch eine  witzige Begebenheit mit einer Gruppe aus Sachsen, die
nicht zu unserer Reisegruppe gehörten. Ralph, Gerlind, Beatrix,
Frank, Christiane und ich waren als erste in den Bus eingestiegen
und um den nachfolgenden Besuchern nicht im Weg zu stehen, uns
relativ weit nach hinten gesetzt. Die Sachsengruppe folgte und
setzte sich ebenfalls ganz nach hinten. Es schien ebenfalls eine
lustige Gruppe zu sein; man kam sofort miteinander ins Gespräch.
Einer der Sachsen meinte dann in die Runde: "Wie die Ostfriesen,
alle wollen hinten im Bus sitzen". "Ja was meinen Sie,
warum ich hier hinten sitze?", meinte ich mit meinem ostfriesischen
Akzent. "haha..hoho..haha..hihi"

Normalerweise sind die Berghänge wesentlich kahler, doch
hier wurde ein großer Park angelegt. Die hier im Foto abgebildete
weiße Statue ist in Wirklichkeit von unten nur als kleiner
weißer Punkt zu erkennen. Meine Digitalkamera mit achtfachem
Zoom macht es möglich, auch diese Figur einmal "näher"
zu betrachten. Um wen es sich dabei handelt, hat Simone nicht
gesagt.
|