Das Hotel in Gort und die vergessene Digitalkamera

Das Hotel in Gort und die vergessene Digitalkamera


Das Hotel in Gort und die vergessene Digitalkamera


Hotel Lady Gregorie in Gort - IrlandWie eigentlich an jedem Morgen, so war für mich auch am dritten Tag der Irland-Reise die Nacht um 05:00 Uhr zu Ende und dabei hatte ich mich noch bemüht, länger als gewohnt in meinem Bett liegen zu bleiben um Christiane nicht zu wecken. Mit einem leichten Brummschädel vom Guinness vom Vorabend, dazu die Sauna und das harte Ersatz-Kopfkissen stand ich im Bad und wollte Duschen. Mischbatterie funktionierte zunächst nichtEine Duschkabine gab es nicht, dafür aber eine Badewanne mit Duschstange, Vorhang und einer speziellen Mischbatterie. Scheinbar war aber diese Mischbatterie schon lange nicht mehr betätigt worden, denn sie funktionierte zunächst nicht und es kam nur brühheißes Wasser.

Irgendwie ließ sich der untere Knopf der Batterie nicht richtig betätigen und dabei war dieser Knopf eindeutig der Regler für die Temperatur. Am Knopf befand sich ein Haltestift und dieser arretiert normalerweise, aber es bewegte sich so gut wie keinen Millimeter. "Na klasse, auch das noch!", dachte ich mir und stellte das Wasser zunächst wieder aus. Es macht nämlich keinen Sinn, einen Wasserhahn mit Gewalt zu drehen es sei denn, man möchte unbedingt eine Überschwemmung durch einen Rohrbruch produzieren.

Das Bad war auch schon in die Jahre gekommen, störte aber weiter nichtDuschen, oder wenigstens Waschen musste ich mich, sonst ist für mich der ganze Tag irgendwie "unfertig". Die Alternative war zu Baden, denn auch die Badewannenarmatur war vorhanden. Während ich mit meinem nackten Hintern mir so meine Gedanken machte, versuchte ich noch einmal, die komische Mischbatterie vorsichtig zu regulieren und tatsächlich: sie funktionierte. Es war, als hätte sich die Hitze aus der Batterie verzogen und das Metall sich wieder zusammengezogen. Nun ging es, hurra, hurra.

Obwohl es sich eigentlich um ein schönes Bad handelte sah man, dass dieses Bad unter normalen Umständen eigentlich renovierungsbedürftig gewesen sei. Ein derart großes Hotel ist aber an allen Ecken ein Kostenmolloch, das wird in Irland nicht anders sein als in Deutschland. Somit hatte ich dafür allemal Verständnis, zumal wir auch nur zwei Nächte in diesem Hotel bleiben würden.

Nach der Dusche widmete ich mich meiner gewohnten Beschäftigung am frühen Morgen, das Schreiben. Ich hatte mir vorgenommen, von dieser Reise eine Dokumentation in Form einer Webseite zu machen und um die schönen und interessanten Geschichten nicht zu vergessen war unerlässlich, mir regelmäßige Notizen zu machen. Je nach Zeit und Gemütszustand schrieb ich mal mehr, mal weniger; einige Ereignisse des Vortages wurden komplett ausformuliert, andere einfach nur in Stichworten festgehalten. Immer aber zog ich meine Digitalkamera dazu, denn die zuvor gemachten Bilder waren immer eine ganz tolle Erinnerungsstütze.

Meine Digitalkamera, die Lumix FZ 150An diesem Morgen aber war meine Digitalkamera nicht da. Sie lag weder auf dem Schreibtisch, wo ich sie eigentlich immer hinzulegen pflegte, noch befand sie sich in Christianes Handtasche, wo sie sie während dieser Reise auch schon deponiert hatte. Mmh? Die Digitalkamera? Mmh!
Ich versuchte mich zu erinnern: Gestern hatte ich sie noch beim Abendessen und zu Christiane hatte ich gesagt, sie möge bitte auf die Kamera achten, so lange ich mit Hartwig eine rauchen bin. Und dann? Und dann hat Christiane mich von draußen abgeholt; ich bin nach dem Rauchen gar nicht mehr ins Restaurant an den Tisch, sondern gleich nach oben ins Hotelzimmer und dann sofort in die Sauna und später gleich ins Bett. Ergo musste Christiane die Kamera mitgenommen haben, aber sie war nicht da. Ob auch sie an diese Kamera nicht mehr gedacht hat?

Die Sessel in der Empfangshalle des Hotels Lady Gregorie - IrlandWecken wollte ich Christiane wegen der Kamera nicht, es war noch viel zu früh. Ich zog meine Schuhe an, nahm meine Schreibutensilien und ging nach unten in die Empfangshalle.
Natürlich war noch niemand da, es war ja erst 05:45 Uhr. Die Tür zum Restaurant war abgeschlossen, also konnte ich nicht prüfen, ob die Kamera noch am Stuhl hing. Vorne in Nähe der Rezeption standen Sessel und Tische und hier wollte ich warten, aber gleichzeitig auch mit meinen Aufzeichnungen fortfahren.

Es dauerte nicht lange, da tauchte Ryan auf, ein junger dynamischer Mann von vielleicht 28 Jahren. Er erinnerte mich an meine Jugend während meiner Lehrzeit. Als Lehrling war ich auch immer der erste im Büro gewesen und hatte die regelmäßigen Standardarbeiten zu machen wie Aufschließen, Post holen und öffnen, Kalender weiterstellen und was weiß ich noch alles. Aber er war ganz sicher nicht mehr in der Lehre, dazu war er einfach zu erwachsen und zu selbstbewusst. Er hatte einfach Frühdienst und dafür zu sorgen, dass der laufende Hotelbetrieb nicht ins Stocken geriet.

Ich sprach Ryan an und sagte im gebrochenen Englisch: "I missing my Camera". Rayn verstand, aber dann musste ich sagen: "Sorry, I dont speak Englisch, I am beginner". Auch das verstand er und versuchte vorsichtig nachzufragen. Ich konnte ihm verständlich machen, dass es sich um eine wertvolle Kamera handelte und dass ich sie im Restaurant am Stuhl hatte hängen lassen. Er schloss die Tür auf, wir gingen gemeinsam zum Tisch, aber die Kamera war nicht mehr da.

Die Rezeption im Hotel Lady Gregorie in GortRyan suchte vorne im Restaurant, dann an der Rezeption und dann im Büro des Hotel-Managers, die Kamera war nicht da. Ich hatte mich während dessen wieder in eines dieser weichen Sessel gesetzt und fuhr mit meinen Aufzeichnungen fort. Irgendwann rief er mich dann und bedeutete mir, dass jemand für mich am Telefon war. Es meldete sich eine junge Dame die meinte, sie hätte einige Jahre in Deutschland gelebt und gearbeitet und Ryan hätte sie angerufen und gebeten, sie möge bitte als Dolmetscherin fungieren. Sie fragte nach der Kamera und den Gegebenheiten des Verlustes und meinte dann, Ryan wäre der Ansicht, dass die Kamera möglicherweise im Safe eingeschlossen wäre und dazu habe er keinen Schlüssel.

Im Laufe der nächsten halben Stunde hatte sich das gesamte Hotel-Personal um diese Kamera verrückt gemacht. Jeder suchte, jeder machte sich Gedanken und eine hatte sogar eine Deutsche gebeten, mich zu beruhigen in dem das Personal meinte, möglicherweise habe ja ein Gast aus unsere Gruppe die Kamera an sich genommen und ich möge doch bitte bis zum Frühstück warten. Ja, ja. Ich nahm den Verlust meiner Kamera auch nicht wirklich ernst, denn sie musste einfach wieder auftauchen. Ich wollte durch meine Anwesenheit auch nicht den laufenden Hotelbetrieb weiter stören und verzog mich deshalb wieder auf mein Zimmer.

Christiane hatte von alledem bis dato nichts mitbekommen, sie schlief friedlich in ihrem Bett. Irgendwann aber musste ich sie wecken denn es wurde Zeit und dabei fragte ich leise und vorsichtig, ob sie vielleicht unsere Kamera irgendwo im Zimmer hingelegt hätte. Wie von einer Tarantel gestochen schreckte sie hoch: "Oh Gott! Die Kamera! ... Scheiße! ... und hast Du hier und hast Du da? ... Ich habe Dir das gleich gesagt! ... Hast du und hast du ... und vielleicht ... und ...", ach Christiane hatte ich aus dem Schlaf gerissen und sie konnte sich gar nicht beruhigen.

Ich beruhigte sie und auch mich und danach war kollektives Schweigen. Christiane ging ins Bad, ich setzte mich an den kleinen Tisch und vervollständigte meine Aufzeichnungen. Zwischendurch flackerte das Thema noch einmal kurz auf, doch dann war Ruhe. Sie zog sich an, ich schrieb, sie föhnte sich die Haare, ich schrieb, sie räumte das Zimmer auf, ich schrieb. Und dann war es auch schon so weit: Frühstück war angesagt und siehe da, Gerlind kam uns schon mit der Kamera entgegen. Eine Tischnachbarin hatte beobachtet, wie sich unsere Tischrunde auflöste, die Kamera aber noch am Stuhl hing und Gerlind dann darauf aufmerksam gemacht. Ralph und Gerlind hatten dann noch versucht, uns im Saunabereich ausfindig zu machen, doch hatten den Versuch dann relativ schnell abgebrochen. Später hatte man sich nicht mehr gesehen und so hatte sie die Kamera über Nacht in Verwahrung genommen. Seither muss ich mir von meiner holden Gattin anhören: "Pass auf die Kamera auf!"



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